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DIE ENTDECKUNG DES KAFFEES

TEXT: LUKAS DELIANO, FOTO (HEADER): Deliano

Auszug aus:

GARTENDESIGN INSPIRATION
Das Magazin für Gartengestaltung und Gartengenuss
Ausgabe 4|2017
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Wir schreiben das Jahr 900 n. Chr. in den Bergen Äthiopiens. Der Bauer Kali möchte wie jeden Tag seine Ziegen kurz vor Sonnenuntergang in den Stall bringen. Da bemerkt er, dass die Tiere heute wesentlich aktiver sind als sonst um diese Uhrzeit. Als sich dieses Szenario an den folgenden Tagen wiederholt, geht er der Sache nach. Er stellt fest, dass seine Ziegen von einem Strauch fressen, der ihm zuvor noch nie aufgefallen ist. Die Pflanze mit den dunkelgrünen Blättern und den blutroten Früchten kommt ihm seltsam vor. Doch seinen Ziegen geht es gut – abgesehen davon, dass sie wie wild im Kreis herumspringen. Und so probiert auch Kali die Früchte und erfährt ihre belebende, ja geradezu magische Kraft. Die Nachricht über die Wirkung der Frucht verbreitet sich schnell im gesamten Land. Doch es soll noch fast 800 Jahre dauern, bis der Kaffee seinen Siegeszug in Europa antreten kann.

Hauptsächlich werden zwei Grundgattungen der Kaffeepflanze angebaut, von denen sich jede in hunderte Varietäten aufgliedert. Die größte Vielfalt bringt Coffea Arabica mit sich, wogegen Coffea Canephora hauptsächlich durch den Anbau der Varietät Robusta vertreten ist.

Anbaugebiet und Anbauhöhe

Kaffeepflanzen bevorzugen ein ganz bestimmtes Terrain zwischen dem 25. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators – dem sogenannten Kaffeegürtel. Nur in diesen Regionen herrschen rund um den Globus ganzjährig konstante Temperaturen zwischen 15 und 30 °C sowie optimale klimatische Bedingungen, welche die sehr sensible Kaffeepflanze benötigt, um gedeihen zu können. Neben den Anbaubedingungen spielt die Anbauhöhe eine entscheidende Rolle. Beim Hochlandkaffee benötigt die Bohne, bedingt durch niedrigere Temperaturen, mehr Zeit, um sich zu entwickeln. Durch den verlangsamten Reifezyklus bildet sie eine höhere Dichte sowie mehr Aromen und feinere Säuren aus.

Plantagenanbau: groß angelegte Anbaufläche ohne natürlichen Baumbestand
FOTO: ©T photography / Shutterstock.com

Anbauformen

Es gibt Kaffeearten, die gut mit direkter Sonneneinstrahlung (Fully Sun) zurechtkommen, wie z. B. Coffea Canephora. Die Coffea Arabica zählt von Natur aus nicht dazu. Starke Sonneneinstrahlung bedeutet immer Stress für die Pflanzen und dadurch einen höheren Ertrag, der zu den wenigen positiven Aspekten zählt.

Beim sogenannten Plantagenanbau werden die Felder in flachen, geometrischen Formen angelegt, sodass die Kirschen bei der Ernte durch Maschinen vom Strauch gerüttelt werden können. Das Reifestadium der Kirschen wird dabei nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund werden bei dieser Erntemethode die Sträucher teils massiv beschädigt. Die Nachteile dieser Methode sind immens: Auslaugen des Bodens durch Düngemittel und Pestizide, Verlust der Biodiversität, Schädlingsausbreitung und teils schwere Erkrankungen der Plantagenarbeiter durch unsachgemäße Verteilung der Pestizide.

Wesentlich positiver ist der Terrassen-Anbau oder Costa-Rica-Anbau. Bei dieser Art des Anbaus werden die Pflanzen in einem dreijährigen Zyklus zurückgeschnitten. Dies ermöglicht über mehrere Jahre hinweg eine homogenere Ernte.

Eine sehr nachhaltige und meines Erachtens die beste Art Kaffee anzubauen, ist der sogenannte Schattenanbau. Hierbei werden die Pflanzen zwischen den natürlichen Bestand des Waldes, der als Schattenspender dient, gesetzt. Die äußerst positiven Eigenschaften dieser Anbauform sind zum einen, dass Schattenbäume die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht ausgleichen, vor Frost und Wind schützen, einer Erosion des Bodens vorbeugen, eine höhere Biodiversität begünstigen sowie für ein gleichmäßigeres Klima sorgen.

Schattenanbau: Kaffeesträucher wachsen zwischen dem natürlichen Bestand des Waldes.
FOTO: DELIANO

Zum anderen treten die Bäume nicht in Nährstoffkonkurrenz mit den Sträuchern. Die Baumwurzeln reichen in wesentlich tieferliegende nährstoffreichere Schichten des Erdreichs, entziehen ihm dort Mineralien und geben sie über das Laub wieder ab.

Die ursprünglichste Art und Weise, an die begehrten Früchte zu gelangen, ist das Ernten der Kirschen von wildwachsenden Kaffeebäumen, die bis zu zehn Meter hoch werden können. Meist bewirtschaftet ein einzelner Bauer mehrere solcher Bäume. Die jährlichen Erträge, die in Qualität und Menge sehr unterschiedlich ausfallen können, werden von Kleinbauern zu einer Sammelstelle gebracht. Dort werden die Kaffees aufbereitet und als Wildkaffees exportiert.

Ernteverfahren

Es gibt unterschiedliche Ernteverfahren, die sich erheblich auf die Qualität des Kaffees auswirken. Das nachhaltigste aller Ernteverfahren ist die sogenannte Picking-Methode, bei der die Kirschen von Hand gepflückt werden. Der Vorteil besteht in einer homogenen Ernte von Topqualität. Der einzige Nachteil sind die durch den großen personellen Arbeitsaufwand entstehenden hohen Kosten bei der Ernte.

Bei der Stripping-Methode werden alle Kirschen – ob reif, unreif oder überreif – vom Ast gezogen. Dies ist zwar eine schnelle und weniger personalintensive Variante der Ernte, die aber den Nachteil hat, dass man ein inhomogenes Ernteergebnis erhält und die Pflanzen leicht beschädigt werden.

Die schnellste und kostengünstigste ist die maschinelle Erntemethode. Ihren wenigen, vermeintlich positiven Aspekten steht neben den allgemeinen Nachteilen des zugrundeliegenden Plantagenanbaus allerdings das Abernten von Blättern, Ästen, unreifen und überreifen Kirschen und somit eine nachhaltige Beschädigung der Kaffeepflanzen gegenüber.

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Die weißen, stark duftenden Blüten des Kaffeestrauchs
FOTO: ©milestone / Shutterstock.com[/one_half][one_half_last]

Reife Kaffeekirschen am Ast
FOTO: ©Atstock Productions / Shutterstock.com[/one_half_last]

Aufbereitungsarten

Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen zwei Arten der Aufbereitung, welche eine extrem hohe Auswirkung auf den eigentlichen Geschmack haben. Die trockene Aufbereitung (natural) sowie die gewaschene Aufbereitung (fully washed).

Diese sehr gegensätzlichen Arten der Aufbereitung unterscheiden sich dadurch, dass bei der natürlichen (ursprünglichen) Art der Aufbereitung die Kirschen vollständig getrocknet werden. Während einer rund dreiwöchigen Trocknungsphase entstehen durch Osmose eine hohe Grundsüße und zugleich ein sehr runder vollmundiger Körper. Um eine ungewollte Fermentation der Kirschen zu vermeiden, die zu einer erheblichen Geschmacksbeeinträchtigung führen würde, müssen die Früchte ständig gewendet werden.

Bei der trockenen Aufbereitungsart („natural“) werden die Kirschen auf großen Trocknungsfeldern in der Sonne ausgebreitet.
QUELLE: ©nimon / Shutterstock.com

Im Gegensatz zur natürlichen Aufbereitung wird bei der gewaschenen Variante das Fruchtfleisch in einem sogenannten Pulper von der Bohne getrennt. Anschließend wird die Zuckerschleimschicht (Mucilage) in großen Gärtanks mittels Milchsäurebakterien vom Hornschalkaffee (Parchment) entfernt. Dadurch entwickelt der Kaffee ausgeprägte Fruchttöne und eine feine Säure.

Sowohl nass als auch trocken aufbereitete Kaffees müssen vor dem Export auf eine Restfeuchte von 13 Prozent getrocknet werden, da sie sonst auf ihrer Reise zu schimmeln beginnen könnten. Das qualitativ und geschmacklich beste Verfahren ist immer noch das Trocknen in der Sonne. Die maschinelle Methode, die hauptsächlich aus Gründen der Zeit- und Platzersparnis angewandt wird, ist der des maschinellen Wäschetrocknens sehr ähnlich.

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Fruchtfleisch oder „Pulpe“ (oben) und Hornschalkaffee oder „Pergaminos“ (unten).
FOTO: ©Stasis Photo / Shutterstock.com[/one_half][one_half_last]

Auf 13 Prozent getrockneter, exportbereiter Rohkaffee
FOTO: ©Stasis Photo / Shutterstock.com[/one_half_last]

Die letzten Arbeitsschritte des Kaffeebauers sind das sogenannte Hulling und das anschließende Verpacken. Beim Hulling wird die nach dem Trocknen fest an der Bohne anhaftende Kirsch- und Pergamenthaut in einer Schälmaschine, dem Huller, mechanisch aufgebrochen und später auf einem Rundsieb von der Bohne getrennt. Übrig bleibt der grüne, für den Export fertig aufbereitete Rohkaffee, der anschließend meist in 60-Kilo-Säcken verpackt wird.

Das Rösten

Der Röstprozess ist ein komplexer chemischer und physikalischer Prozess. Im Spezialitätenbereich findet er in einer langsam rotierenden Trommel statt, die von unten mit Gas befeuert wird. Bei der trockenen Erhitzung des Rohkaffees laufen mehrere umfangreiche Reaktionen ab, die bis heute noch nicht zur Gänze wissenschaftlich erfasst werden konnten.

Während des Röstprozesses, der mit modernen Trommelröstern sehr genau steuerbar ist, durchläuft der Kaffee im Wesentlichen vier Phasen, in denen der Röster Einfluss auf das Geschmacksprofil nehmen kann.

Phase 1

In Phase 1 (bis 100 °C), der ”Homogenisierung“, nehmen die Bohnen Temperatur auf und gleichen ihr Niveau an. Je länger homogenisiert wird, desto gleichmäßiger das Röstbild.

Phase 2

In Phase 2 (100 – 150 °C) trocknen die Bohnen. Die noch vorhandene Restfeuchte von ca. 10 Prozent verdampft; zugleich verliert der Kaffee an Chlorogensäuren und entwickelt einen grasig-strohartigen Geruch.

Phase 3

In Phase 3 (150 – 200 °C) angekommen, nimmt der Kaffee aufgrund des geringen Feuchtigkeitsgehalts sehr schnell Temperatur auf. Die Farbe verwandelt sich von einem weißlichen Grün- in einen hellen Braunton. In dieser Phase, in der auch die sogenannte Maillard-Reaktion abläuft (nicht-enzymatische Bräunung), reagieren Proteine mit reduzierenden Zuckern, bilden Melatonine sowie andere Stoffe, die dem Kaffee seinen charakteristischen Geschmack verleihen. Bei einer Temperatur von ca. 190 °C findet der Übergang von der endothermen zur exothermen Reaktion statt, der sogenannte ”first crack“. Die Bohnen verdoppeln nahezu ihr Volumen. Am besten lässt sich dieser Prozess anhand von Popcorn veranschaulichen.

Phase 4

In Phase 4, der letzten Phase, findet das Ausrösten statt. Die Oberfläche der Bohnen glättet sich, und die Bitterkeit lässt sich durch Karamellisieren des kaffeeeigenen Zuckers steuern.

In den letzten Jahren hat sich bei vielen modernen Röstern eine neue Philosophie entwickelt. Die Bohnen werden bereits kurz nach dem first crack aus der Trommel geholt. Dies hat zur Folge, dass die Kaffees einen neuartigen, gänzlich anderen Geschmack als jenen bekommen, den die meisten Konsumenten bisher unter Kaffee verstanden haben. Die Kaffees sind vom Charakter eher teeartig. Auch sucht man vergeblich nach einem brandigen, rauchigen oder gar bitteren Geschmack. Sehr zur Freude sensibler Gaumen kann eine Tasse Kaffee nun vielmehr fruchtig, beerig, floral oder honigartig süß schmecken.

 

Die Zubereitung

Die Zubereitung ist ein sehr wichtiger Faktor, der oft unterschätzt wird. Ähnlich wie beim Kuchenbacken sollte man sich an feste Rezepturen halten, sodass der Kaffee sein volles Aroma entfalten kann. In modernen Kaffeehäusern, an die oft eine hauseigene Rösterei gekoppelt ist, übernimmt dies meist ein Profi, der sogenannte Barista. Die Aufgaben eines Baristas bestehen im Wesentlichen darin, bei der Zubereitung des jeweiligen Kaffeegetränks auf das richtige Mengenverhältnis zwischen Kaffeepulver und Wassermenge sowie den entsprechenden Mahlgrad zu achten. Sogar Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit spielen eine Rolle, insbesondere für die Qualität eines Espresso.

Für alle Arten der Zubereitung gilt: Läuft das Wasser zu schnell durch das Kaffeepulver, wurde zu grob gemahlen. Das Extrakt schmeckt flach, hat wenig Körper und konnte in der kurzen Zeit zu wenige Aromen aus dem Kaffeepulver extrahieren (Unterextraktion). Wurde zu fein gemahlen, läuft das Wasser hingegen zu langsam oder gar nicht durch den Kaffee, da der Filter verstopft (Überextraktion). Hierbei werden unangenehme Bitterstoffe extrahiert, der Körper wird zu massiv und überdeckt dadurch sehr grazile Aromen.

Besuchen Sie moderne Kaffeehäuser oder kleine Spezialitätenröster in Ihrer Umgebung, in denen verschiedene Espressi und Filterkaffees zur Auswahl stehen. Lassen Sie sich beraten und seien Sie neugierig auf das, was Sie trinken. Fragen Sie, woher es kommt, wie es aufbereitet wurde und welche Art der Zubereitung am besten zu welchem Kaffee passt. Und versuchen Sie mit den folgenden Rezepten ruhig selbst einmal zu Hause, Ihren Kaffee zu kochen wie ein echter Barista.

Espresso

Die Zubereitung eines sehr guten Espressos ist schwierig, da mit ca. 9 bar Druck gearbeitet wird. Minimale Veränderungen des Mahlgrads oder der Kaffeemenge haben erhebliche Auswirkungen auf die Extraktionszeit und somit auf den Geschmack.

Für einen doppelten Espresso verwendet man 16 g fein gemahlenes Kaffeemehl, das mittels ”Tamper“ im Sieb mit einem Anpressdruck von ca. 15 – 20 kg angedrückt wird. Die Brühtemperatur darf 95 °C nicht überschreiten, da der Kaffee sonst verbrennt. Das Extrakt (Espresso) hat ein Füllvolumen von 45 ml. Die Extraktionszeit liegt je nach Mischung zwischen 25 und 29 Sekunden. Je höher der Robusta-Anteil, desto kürzer darf die Extraktionszeit sein.

Bayreuther Kaffeekanne

Die Bayreuther Kaffeekanne besteht zu 100 Prozent aus Porzellan und basiert auf einer reinen Perkolation (Sickerlaugung). Da alles aus Porzellan besteht, auch der Filter, gibt es nichts, was den Geschmack verfälschen oder Aromen zurückhalten könnte. Wichtig hierbei ist es, die Porzellankanne gut mit heißem Wasser vorzuwärmen, da das Extrakt sonst zu schnell an Temperatur verliert. Ist die Kanne vorgewärmt, werden in den Filteraufsatz 23 g sehr grob und gleichmäßig gemahlenes Kaffeepulver gegeben. Auf den Filter wird der Wasserverteiler aufgesetzt. Anschließend gießt man in drei Intervallen à 330 ml ca. 93 °C heißes Wasser darüber. Die Brühzeit von rund fünf Minuten ergibt sich aus der Körnung des Mahlguts.

 

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