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KIESGÄRTEN

PFLEGE, ERHALT UND ENTWICKLUNG

TEXT: PETER JANKE | FOTO (HEADER): ©David Gn – stock.adobe.com

Auszug aus:

GARTENDESIGN INSPIRATION
Das Magazin für Gartengestaltung und Gartengenuss
Ausgabe 5|2017
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Brillante Gartengestaltungen, atemberaubende Landschaftsarchitektur oder bahnbrechend innovative Konzeptionen für privates und öffentliches Grün können langfristig nur gut bleiben, wenn die Pflege stimmt. Doch Vorsicht – hier ist Feingefühl gefragt. Pflanzenverständnis, Liebe zum Detail und eine große Identifikation mit dem Gesamtkonzept sind Grundvoraussetzungen, wenn sowohl private (und selbst Hand anlegende) Gartenbesitzer als auch professionelle Pflegefirmen der Aufgabe der Erhaltung und Weiterentwicklung einer großen Gartenidee gewachsen sein sollen. Das gilt selbstverständlich auch für jeden Kiesgarten.

Einheitliche Pflasterflächen werden gerne durch Bäume aufgelockert und Baumscheiben daher von vornherein mit eingeplant. Diesen Bereichen unter Bäumen sollte in der Gestaltung besonderes Augenmerk geschenkt werden. Sie sind einerseits die „Ausgesparten” einer Gesamtfläche und gelten als schwierig zu begrünende Bereiche; andererseits stehen sie als „Inseln” immer im Blickpunkt. Ihre Form muss daher gut überlegt sein und sich auch hinsichtlich anderer markanter Linien, zum Beispiel denen eines Wasserbeckens, Weges oder Mauerverlaufes, gut ins Gesamtkonzept der Gestaltung einfügen. Neben Kreis, Quadrat und Rechteck ist die Ellipse eine gängige und beliebte Form. Interessant sehen unregelmäßige Aussparungen in Pflasterflächen mit Plattenbelägen im Reihenverband aus. Eine kegelförmige Erhöhung des Bodens, auf deren abgeschnittener Fläche oben am Stumpf eine Baumscheibe samt Baum thront, ist eine eigenwillige und originelle Lösung.

STUMPF IST STUMPF

Zahlreiche namhafte Gartenautoren äußern sich in Büchern, Fachartikeln und Glossen, ja, sogar in abendfüllenden Vorträgen über die Misere der Pflegezustände von Gärten. Die Gründe dafür, dass auch ein hervorragend konzeptionierter Außenraum bereits nach wenigen Jahren schal, unpoetisch und ausdruckslos daherkommt, liegen leider auf der Hand: Es fehlt an sachkundiger Pflege. Dabei bedeutet sachkundig nicht zwangsläufig auch intensiver. Einige Gartenbesitzer stecken durchaus sehr viel Aufwand in die Pflege ihres Gartens, erhalten aber dennoch fragwürdige Ergebnisse. Woran das liegt? Zunächst stimmt in den meisten Gärten das Gesamtkonzept nicht – blame the gardendesigner. Oder, und das kommt viel häufiger vor, die Pflege ist nicht die richtige – blame the gardenowner.

Der Gartenbesitzer, der sich ausschließlich auf Ruck-Zuck-Pflegefirmen verlässt, hat verloren und bezahlt zu viel für zu wenig. Ungeschulten Gartenhelfern, die ihr Bestes tun, um einen „sauberen“ Kundengarten zu hinterlassen, ist dies kaum anzulasten. Wollen Gartenbesitzer endlich einen entspannt funktionierenden Garten haben, müssen sie oder ihre Pflegefirmen sich zwingend weiterbilden und auf die Maßgaben des Planers vertrauen. Langfristiger Gartenerfolg ist vergleichbar mit Werkzeugpflege: stumpf ist stumpf.

 

WIE MAN EINEN KIESGARTEN PFLEGT

Die Pflege eines Gartens ist so vielschichtig wie der Charakter seines Eigentümers, also individuell und nur schwer allgemeingültig zu beschreiben. Doch es gibt essentielle Grundregeln, deren Beachtung schon mehr als die halbe gärtnerische Miete bedeutet. Ein Kiesgarten will eben verstanden sein:

Tipp 1:
Ein Kiesgarten ist kein deutlich pflegereduziertes Gartenkonzept, auch wenn das in Publikationen gerne postuliert wird. Kiesgärten machen genauso viel oder wenig Arbeit wie andere Gartenmodelle auch.

Tipp 2:
Ein Kiesgarten wird nahezu immer ein pflanzlich bewegtes Gartenkonzept sein, welches vom Wandern der einzelnen Gewächse (Ausbreitung, Versamung) durch den Garten lebt. Nur wer dies als gestalterischen Vorteil anerkennt, wird glücklich mit seinem Kiesgarten werden.

Tipp 3:
Da die Zeit für das Wässern, Düngen, Stützen und Rasenmähen entfällt, schneidet ein Kiesgarten tatsächlich in Sachen Pflegestunden recht günstig ab. Herbstlaub wird in meinem zugigen Kiesgarten meist allein vom Wind fortgetragen. Liegengebliebenes Laub lässt sich am besten mit einem Straßenbesen vom Kies kehren.

Tipp 4:
Jäten ist im Kiesgarten die wichtigste und aufwendigste Arbeit: Beim Arbeiten im Kies kniet es sich recht unbequem auf den allgegenwärtigen Steinen. Doch dafür sind unerwünschte Pflanzen – Unkräuter und sich überreich aussäende Stauden wie Federgras (Nasella und Stipa), Eisenkraut (Verbena bonariensis, Verbena hastata, Verbena officinalis), Königskerzen (Verbascum), Nachtkerzen (Oenothera, einschließlich Oenothera lindheimeri), Leinkraut (Linaria und Linnum), Fingerhut (z. B. Digitalis lutea, stewartii und ferruginea), Karden, Disteln, Fetthennen, Dreimasterblumen und, und, und – recht leicht herauszuziehen.

Tipp 5:
Die Wege- und Platzflächen eines Kiesgartens müssen frei von unerwünschten Sämlingen gehalten werden. Denn hier, auf diesen pflanzenfreien Kieszonen kommt das Auge des Betrachters in der überbordenden Mannigfaltigkeit der Bepflanzung zur Ruhe.

Tipp 6:
Gehölze schaffen Höhe und somit Dreidimensionalität, doch dürfen sie im Kiesgarten niemals massiv werden. Schmale Silhouetten, beispielsweise Mittelmeerzypressen (Cupressus sempervirens ‘Pyramidalis’, sehr schlanke Lebensbäume (etwa Thuja occidentalis ‘Malonjana’) oder die skurrile Trauerform des Mammutbaums (Sequoiadendron giganteum ‘Pendulum’) sind für Kiesgärten ebenso geeignet wie sehr lichtkronige Laubgehölze, zum Beispiel feinblättrige Robinien (Robinia pseudoaccatia ‘Myrthifolia’), Mexikanische Eichen (Quercus rhysiphylla) oder skulptural geformte Kiefern (sehr schön macht sich hier Pinus x holdfordiana). Den individuellen Habitus dieser Gehölze heißt es im Laufe der Jahre effektvoll herauszuarbeiten. Das bedeutet, dass Schlankes hoch werden darf, jedoch gegebenenfalls durch seitlichen Schnitt in Topform gehalten werden muss, und Skurriles wird gefühlvoll ausgelichtet, aber niemals eingekürzt.

Tipp 7:
Beth Chatto verwendet generell keine Formgehölze im Kiesgarten – im Unterschied zu mir: Ob Eiben-Halbkugel (Taxus baccata), Sauerdorn-Zwergsorten (Berberis thunbergii Bagatelle’,‘Kobold’,‘Nana Aurea’ oder ‘Admiration’) oder Strauchveronika (Hebe), sie alle verlangen nach einem regelmäßigen Formschnitt.

Tipp 8:
Für Stauden heißt die Faustregel im Kiesgarten: stehenlassen, was noch schön ist. Das heißt: Alle aufrechtstehenden, dekorativen Fruchtstände von Stauden dürfen bis zum März der nächsten Gartensaison stehenbleiben. Umgeknicktes, Schiefgewordenes und Matschiges muss jedoch sofort die Gartenbühne verlassen. Doch Obacht: Manchmal kann ein Zuviel an Braunem im Spätsommer und Frühherbst das Gartenbild in eine ungewollt traurige Atmosphäre tauchen. Dann schneide ich ein Übermaß an Abgestorbenem auch früher heraus. Zur Analyse stelle ich mich mit durchgedrücktem Rücken von Ferne vor das Gartenbild und entscheide spontan. Wer sich unsicher ist, sollte ein Foto machen; dieser Wechsel des Blickwinkels kann hilfreich sein.

 

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Gräser unterteile ich generell in drei Pflegegruppen:

  • Gräser, die im Winter oberirdisch komplett absterben, während der kalten Jahreszeit jedoch überaus attraktiv bleiben. Hierzu zählen Chinaschilf (Miscanthus), Rutenhirse (Panicum), Federborstengräser (Pennisetum), Liebesgras (Eragrostis) und viele mehr. Gräser dieser Gruppe bleiben in meinem Kiesgarten (sofern nicht von Wind und Wetter umgeweht) den gesamten Winter über stehen und werden erst Anfang März mit einer Motorheckenschere fast bodennah heruntergeschnitten (die Schnitthöhe ist art- und pflanzenalterabhängig).
  • Halbimmergrüne Gräser, die Teile ihres Laubes auch während der Wintermonate aktiv halten, wie Pyrenäenfedergras (Stipa gigantea) oder Australisches Blaugras (Poa labillardierei), fänden es berechtigterweise unerhört, wenn man sie im Frühjahr bodennah abschneiden würde. Sie freuen sich jedoch über einen Formschnitt der Horste im März um etwa die Hälfte (ganz einfach den Halmschopf zusammenfassen und mit scharfem Schnittgerät in einem Schnitt abschneiden).
  • Nässeempfindliche Gräser-Schönheiten wie Mexikanisches Federgras (Nasella tenuissima) oder Neuseeländische Tussock-Gräser (beispielsweise Carex petriei oder Chinochloa rubra) schneide ich niemals, sondern kämme ihre braun gewordenen Halme lediglich mit einer Harke im Frühjahr aus.

 

BLEIBT NOCH ZU SAGEN …

Mit ein wenig gestalterischem Feingefühl, Selbstvertrauen und Pflanzenliebe offenbart sich die individuelle Kiesgartenpflege mit der Zeit von alleine.

Peter Janke

Peter Janke
geboren in Hilden, wuchs in der Gärtnerei seiner Familie auf. Schon mit 20 Jahren startete er als Jungunternehmer. Neben seinem Gartenplanungsbüro führt er eine Staudengärtnerei für Raritäten und Wildpflanzen. Janke ist Buchautor und schreibt Gartenkolumnen und Pflanzenbeiträge für Fachzeitschriften, regelmäßig auch für unser Magazin. Als passionierter Kiesgärtner, der u. a. bei Beth Chatto in Essex Erfahrung sammeln konnte, hat er diesmal den Titelbeitrag übernommen.

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